Roula – noch in Griechenland

Wie so oft durchstöberten wir mal wieder die Internetseiten von „Stray – einsame Vierbeiner e.V.“.  Da sahen wir Roula, einen wunderschönen Hund, der zusammen mit anderen Hunden und Katzen auf einem Innenhof in Griechenland lag. Wir waren uns einig: So ein schöner Hunde, der sich offensichtlich auch mit allen anderen Tieren verträgt, bekommt ganz schnell ein neues Zuhause. Wir wollten stattdessen lieber einen Hund zu uns holen, der nicht so gute Chancen hatte. Ein paar Tage später war dann auf der Startseite von Stray „Blinky“ zu sehen. Sie hatte kein Fell mehr, ihr wurde ein Auge herausgeschlagen und sie war sehr krank. Es wurden Paten für Blinky gesucht, da das Auge operiert werden musste. Wir meldeten uns bei „Stray“ und sagten, dass wir Blinky zu uns nehmen würden. Blinky war aber zu schwach für eine OP. Doch plötzlich musste sie doch in Griechenland operiert werden, weil sie plötzlich aus der Augenhöhle blutete. Ich erhielt abends auf einer Dienstreise den Anrufe von Stray. Blinky hatte es nicht geschafft. Es war so traurig. Ich denke heute noch oft an Blinky, die ich nie kennenlernen durfte.

Ein paar Tage später schauten wir wieder auf die Seiten von Stray. Roula war noch immer dort. Auf der Startseite war „Aisha“. Sie hatte kein Fell mehr. Ihre Haut war blutig und von Räude zerfressen. Die Tierschützer in Griechenland wurden von Dorfbewohnern gerufen, sie sollen doch bitte den Hund einschläfern, der nachts immer schreiend durch die Straßen ging und versuchte, mit den Menschen Kontakt aufzunehmen. Stray holte Aisha aus dem Dorf und begann, ihre Wunden zu versorgen. Sie musste täglich mehrmals gebadet werden. Wir meldeten uns bei Stray und sagten, dass Aisha sofort zu uns kommen könne. Das ging aber nicht, weil sie auch noch mehrere Krankheiten hatte. Wir verabredeten mit Stray, dass, sobald sie transportfähig ist, sie zu uns kommt. Es vergingen Wochen und Monate. Ihr Fell wuchs nach, aber sie konnte noch nicht geimpft werden, was ja für eine Ausreise erforderlich ist. Eines Tages erhielten wir die schlimme Botschaft von Stray, dass Aisha plötzlich an einer Lungenentzündung gestorben war. So konnten wir auch Aisha nie kennenlernen, haben sie aber dennoch in unserem Herzen behalten.

Trotz des monatelangen Wartens auf Aisha war Roula noch immer auf der Internetseite von Stray.

Roula wurde in Griechenland in einer unbewohnten Gegend in den Bergen in einem Dornenbusch gefunden. In der Nähe fand man einen Strick mit einer Schlaufe, und der Strick war an einem Baum befestigt. Offensichtlich hatte also jemand das Hundebaby mit dem Strick am Baum angebunden und in dieser Einöde alleine gelassen – Roula sollte qualvoll sterben.

Dann sollte es wohl doch so sein, dass wir sie zu uns holen. Am 20.08.2012 kam sie in Frankfurt auf dem Flughafen an. Sie war sehr scheu und wollte keinen Zentimeter gehen. Zum Glück war sie nicht so schwer. Aber dennoch war es für mich (Lutz) nicht einfach, denn ich musste sie nun quer durch den Flughafen über mehrere Rolltreppen zum Auto tragen. Zuhause angekommen war sie immer noch scheu. Sie ließ sich von Pamela streicheln. Wenn ich sie streicheln wollte, hatte sie Angst und ging weg. Das war für mich OK. Ich wusste, irgendwann wird sie sich an mich gewöhnen. Nach ein paar Wochen kam sie tatsächlich auch langsam zu mir  – aber nur, wenn ich auf dem Sofa lag. Sie hatte vor jedem Besucher Angst. Nach mehreren Monaten hatte sie sich an mich gewöhnt und auch ich konnte sie streicheln. Wir wurden dann dicke Freunde.

Eines Tages, wir waren bei der Arbeit, rief mich unser Nachbar, der immer vormittags mit den Hunden über unser Grundstück geht, an und sagte, dass jemand oben im Wald geschossen habe. Roula hatte sich daraufhin so erschreckt, dass sie über den Zaun gesprungen und weggelaufen ist. Wir fuhren sofort nach Hause und begannen mit der Suche. Doch wo sollte sie sein? Uns war klar, dass wenn die Angst wegen des Schusses langsam wich, sie Angst bekommen würde, weil sie nicht zu Hause ist. Wir suchten den ganzen Tag. Dann plötzlich kamen Informationen über Facebook rein: Reiter-Mädchen hatten einen Hund im Wald gesehen, der dort alleine auf einer Wiese lag, ca. 15 KM von uns entfernt. Es war schon dunkel. Wir verabredeten uns mit den Mädchen und fuhren dann gemeinsam mit ihnen an die Stelle im Wald. Der Hund war nicht mehr dort. Dann suchten wir gemeinsam lange Zeit mit dem Auto den Wald ab – erfolglos. Die Mädchen fuhren nach Hause und wir blieben noch in der Dunkelheit bei der Wiese im Wald, als plötzlich mein Handy klingelte. Die Mädchen waren dran: „Wir haben euren Hund, er ist hier auf der Straße und läuft vor einem Auto her.“ Wir rasten sofort zu der beschriebenen Stelle. Hoffentlich versucht niemand, sie einzufangen… Sie würde sofort weglaufen. Als wir ankamen, lief Roula tatsächlich vor einem Auto, das ihr langsam folgte – mitten auf der Landstraße. Wir hielten auf ca. 200 Meter Entfernung an, stiegen aus und riefen sie. Roula blieb stehen. Sie war sich unsicher. Als ich dann laut und fröhlich ihren Namen rief, wusste sie, dass wir es waren und kam auf uns zu. Wir schnappten sie und setzten sie auf den Rücksitz unseres Autos. Wir haben hinterer recherchiert: Roula war an diesem Nachmittag mehr als 50 KM gelaufen. Die Reitermädchen waren von nun an unsere Heldinnen – und das sind sie auch heute noch. Es waren nämlich Lara, Rike und Nina. Lara und Rike sind seither fester Bestandteil der LITTLE ~Q~ Ranch und auch Gründungsmitglieder unseres Vereins. Es hat sich eine ganz tolle Freundschaft entwickelt, Dank Roula´s ungewollten „Ausflugs“. Roula hat danach übrigens fast zwei Tage durchgeschlafen.

Inzwischen hat Roula keine Angst mehr. Selbst auf Besucher geht sie zu, nachdem sie diese erstmal einige Minuten angebellt hat. Momentan kämpfen wir ein wenig mit ihrer Figur. Da können gut und gerne ein paar Kilos runter. Aber auch das hat etwas Positives: Selbst wenn es mal wieder knallt bleibt sie zu Hause, denn sie schafft es derzeit aufgrund ihres Hüftspecks nicht, über den Zaun zu springen.